Marcel Prawy

Marcel Prawy, eigentlich: Marcell Horace Frydmann Ritter von Prawy (* 29. Dezember 1911 in Wien; † 23. Februar 2003 ebenda) war ein österreichischer Dramaturg, Opernkenner und Opernkritiker.

Nach dem Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie ging der Familie mit dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 die Nobilitierung verloren. Im Oktober 1938 emigrierte Prawy als Marcell Frydmann in die Vereinigten Staaten, dort nannte er sich Marcell Horace Frydmann Prawy und wurde 1941 unter dem Namen Marcell Frydman-Prawy registriert. Nach seiner Rückkehr nach Österreich wurde er ab 1955 unter dem Namen Marcel Prawy bekannt.

Leben

Grab von Marcel Prawy auf dem Wiener Zentralfriedhof, Gruppe 33 G, Nummer 32 (Dez. 2014)
Marcel Prawy stammte aus einer jüdischen Hofbeamtenfamilie polnischer Herkunft, die 1899 mit seinem Großvater Marcell Frydmann den österreichischen Ritterstand erlangt hatte. Marcell Horace war der Sohn von Richard Frydmann Ritter von Prawy, Ministerialrat am Verwaltungsgericht. Seine Mutter Marie, geborene Mankiewicz nahm sich nach dem Ersten Weltkrieg das Leben, nachdem Gerüchte nicht verstummten, dass Richard von Frydmann nicht der Vater von Prawys Schwester Edith sei. In der Folge wurde der junge Prawy in die Tschechoslowakei zu seiner Tante Hedwig gebracht.[Anm. 1] Als sein Vater erneut heiratete, kam Prawy wieder nach Wien. Nach der Matura am Gymnasium Wasagasse in Wien-Alsergrund studierte er Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur.

Prawys Leidenschaft gehörte schon früh der Oper. Er besuchte musikwissenschaftliche Vorlesungen bei Egon Wellesz und war jahrelang Stammgast im legendären Stehparterre der Wiener Staatsoper. Prawy lernte den Tenor Jan Kiepura kennen und wurde dessen Privatsekretär. Im Oktober 1938 konnte Prawy mit Kiepura und dessen Familie über Rom in die USA emigrieren und entkam so der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime. Auch seinen Vater holte er in die Vereinigten Staaten nach, während seine Schwester Edith, die im Jahre 2007 in Denver starb, aus freien Stücken in Wien blieb, wo sie zeitweise im Untergrund lebte. Im Exil nahm er auf Anraten Kiepuras („Haben Sie hässlichen Namen behalten und schönen weggeschmissen? Machen Sie umgekehrt!“) den Namen Prawy (polnisch für „der Gerechte“) hinzu, und nannte sich nun Marcell Horace Frydmann Prawy

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Prawy 1946 als Kulturoffizier wieder nach Wien. 1950 quittierte er den Dienst bei den US-Streitkräften und wurde Schallplattenproduzent und Veranstalter von Musikabenden im Kosmos-Kino. Ab 1955 war er Dramaturg an der Wiener Volksoper und brachte ab 1956, beginnend mit Kiss Me, Kate, erstmals Musicals aus den USA auf den europäischen Kontinent. Anfangs stießen diese Produktionen in Wien auf großen Widerstand, da man mit der Einführung des US-amerikanischen Musicals das Ende der heimischen Operette befürchtete. Prawy hatte dennoch Erfolg und gilt deshalb als derjenige, der das Musical in deutscher Sprache hoffähig gemacht hat. In der Folge brachte er weitere Übersetzungen an die Volksoper, unter anderen mit Wonderful Town (1956) und West Side Story (1968) Werke seines Freundes Leonard Bernstein.

1972 sollte Prawy Operndirektor der Wiener Staatsoper werden, der damalige Minister Leopold Gratz zog aber Rudolf Gamsjäger vor. Er wurde „nur“ Chefdramaturg des Opernhauses. 1976 bis 1982 war er ordentlicher Hochschulprofessor für Operndramaturgie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien und Lektor für Theaterwissenschaft an der Universität Wien sowie Gastprofessor an zahlreichen amerikanischen und japanischen Universitäten. Er wurde durch Fernseh- und Rundfunksendungen bekannt, in denen er mit Werkkenntnis und Humor sein Publikum in die Welt des Musiktheaters einführte. Prawy war mit vielen prominenten Sängern und Musikern wie zum Beispiel Plácido Domingo, Leonard Bernstein oder Robert Stolz befreundet. Seine besondere Liebe galt den Werken Richard Wagners. In seinem Buch „Nun sei bedankt …“ Mein Richard-Wagner-Buch fand seine Verehrung für Wagner einen außergewöhnlich emotionalen Ausdruck.

Die letzten zehn Lebensjahre wohnte er in unmittelbarer Nähe der Staatsoper im Hotel Sacher. Seine umfangreiche Sammlung von Musikdokumenten in den legendär gewordenen Plastiksackerln – bevorzugt die grellgelben von Billa, Spar und LÖWA – die sich in seiner Wohnung und später auch im Hotelzimmer befanden, wurde der Stadt Wien vermacht. Kaum jemandem gelang es, so eindrucksvoll die Oper zu schildern, wie ihm. So wurde Prawy als Opernführer der Nation zu einer Institution der Wiener Oper.

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